Stadt(ver)führungen

So nennt sich eine jährliche Veranstaltung in Nürnberg, zu der an einem Wochenende ein paar hundert Führungen organisiert sind, die sonst so nicht stattfinden. Man kann Orte kennenlernen, die man sonst nicht gesehen hätte oder auch gar nicht auf die Idee gekommen wäre, da mal hinzugehen. Oder einfach ein wenig mehr darüber zu erfahren. Wir haben insgesamt fünf Führungen mitgemacht, alle miteinander waren sehr gut und äußerst interessant!

Die Grundlagen unserer modernen Welt auf dem Johannisfriedhof

Auf dem Johannisfriedhof waren wir ja schon vor ein paar Monaten schon einmal. Da haben wir uns ein paar berühmte Gräber ausgesucht und angesehen. Die Führung vom Freitag hat sich eher um verschiedene Berufe, deren Entwicklung und generell um die verschiedenen Epitaphe gedreht. Es gibt ganz verschiedene, sehr alte und auch neue. Und auf einzelnen kann man ablesen, welche Industriezweige sind schon vor ziemlich langer Zeit hier in Nürnberg gegründet haben. Aus dem Beruf „Drahtzieher“ ist z.B. die Firma LEONI AG entstanden, die bereits im Jahr 1569 gegründet wurde und heute führend in der Kabelherstellung ist. Eine recht kleine gußeiserne Platte weist auf den ersten Lokomotivführer des Adler hin – die erste regelmäßig fahrende Lokomotive in Deutschland zwischen Nürnberg und Fürth. Zur Eisenbahn passend haben wir als letztes das Cramer-Klett-Grabmal angesehen – ein riesiger Berg aus Stahl. Was wir nicht wußten: Theodor von Cramer-Klett war ein Wegbereiter für die Eisenbahn, er hat Gleise hergestellt, daneben noch verschiedene Stahlkonstruktionen wie Brücken oder Spiegelpaläste und zudem noch Unternehmen wie MAN oder die Münchner Rück gegründet.

Heil- und Wildkräuter

wilder_rucula

wilder Rucola

Unsere erste Führung am Samstag war komplett anders: Treffpunkt war im Nordklinikum und wir wurden auf ganz unterschiedliche, heimische Pflanzen aufmerksam gemacht. Fast alle Blätter und Blüten sind essbar, wie z.B. Kirschbaumblätter oder Buchenblätter (sehr lecker!). Wir gundermannhaben wilden Rucola gefunden und probiert, Schafgarbe, Fünffingerkraut, Gundermann, verschiedenen Klee und noch etliches mehr. Jedes Kraut hat seine Wirkung und kann in ganz verschiedenen Lebenslagen helfen. Wir fanden das sehr spannend – schade, dass solch ein Wissen nicht mehr angewandt wird! Eigentlich sollte man sich damit deutlich ausführlicher beschäftigen.

25 Jahre Ultra Comix – eine (Ent-)führung ins Land der Phantasie

Für jeden Comic-Fan in Nürnberg ist der Laden Pflicht. Auf insgesamt drei Etagen ist alles, was man sich zu dem Thema vorstellen kann versammelt. Comic-Hefte, Bücher, Fantasy-Figuren, Tassen, Siebdrucke, Karten, Brettspiele, Rollenspiele, … – einfach alles, es fehlt nichts. Die vierte Etage besteht aus einem Raum für Spiele, Wettkämpfe oder einfach auch Treffen Spielebegeisterter. Interessant für uns war, auch mal die ganze Geschichte, wie sich der Laden entwickelt hat, zu hören. Vom kleinen Laden für gebrauchte Comic-Bücher hat er sich in den 25 Jahren doch sehr deutlich vergrößert.

Die Wurzeln des Islam

Heute dann wieder ein Kontrastprogramm, wir haben uns in der „Begegnungsstube Medina e.V.“ über Ursprünge und Wesen des Islam informiert. Es gibt sehr viele Parallelen zwischen dem Christentum und dem Islam, allein die Gebote und Verhaltensweisen sind schon recht ähnlich. Problematisch sind, wie in allen Religionen, die Extremisten. Der Verein bietet eine Begegnungsmöglichkeit für Muslime und Andersgläubige um Vorurteile abzubauen und ein friedliches Miteinander zu fördern. Es ist ein kleines Museum mit verschiedenen Kleidungsstücken und einer Moschee, die typisches aus verschiedenen Gegenden enthält. Da deren Homepage gerade im Aufbau ist, hier ein kleines Video, das ich gefunden habe. Die sind da sehr hilfsbereit, haben regelmäßig Besuch von Schulklassen oder auch Berufsgruppen, die mit Muslimen zu tun haben und informieren wirklich sehr gut! Können wir jedem, der seine Meinung nur durch Hörensagen gebildet hat, empfehlen!

Die mittelalterlichen Lochgefängnisse

Sie gehören zum Wandertag-Standard-Programm in Nürnberg. Bei mir ist der letzte Besuch somit schon ein paar Jährchen her, Michl ist noch nicht in den Genuss lochgefaengnisgekommen, er war ja nicht in Nürnberg in der Schule. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden sie direkt unter dem Rathaus gebaut, erst etwa 500 Jahre später, als Nürnberg die freien Stadtrechte verloren hat, wurden sie stillgelegt. Für nichtgeständige Täter war alles an Folterwerkzeugen vorhanden, um doch noch ein Geständnis zu erzwingen (ohne das konnte nicht bestraft werden). Auch die Todeszellen sind erhalten, genauso wie die Schmiede für weiteres erforderliches Foltermaterial.

Ausflug nach München

wir in München

wir in München

Das ist ja etwas, was man so als überzeugter Franke eigentlich nur macht, wenn man einen triftigen Grund hat. Und genau den hatten wir heute: wir waren zum Interview für ein USA-Visum beim Konsulat in München. Bis wir diesen Termin hatten, gab es eine kleine Vorgeschichte… Wir wollten eigentlich das Visum B1/B2, mit dem man zehn Jahre lang beliebig oft einreisen darf und dann jeweils bis zu einem halben Jahr bleiben darf. Beim ersten Versuch hatten wir allerdings irrtümlicherweise das 90-Tage-Visum beantragt – und uns gewundert, warum es gar so günstig war (gut 20€ für uns beide), hörten wir doch bisher eher von 150€ Gebühren pro Nase. Naja, als wir dann rausgefunden haben, dass es das falsche war, haben wir nochmal von vorne angefangen…

Jetzt beim richtigen Antrag haben wir eine ganze Weile gesessen, um alle sechs bzw. sieben Formular-Seiten möglichst korrekt auszufüllen (Gehören Sie einer terroristischen Vereinigung an? – das war leicht. Was ist ihre erste Adresse in den Vereinigten Staaten (oder so ähnlich)? – das war schon schwerer. In welchen Ländern waren Sie die letzten fünf Jahre? – komischerweise wollten sie das nur von Michl wissen. Und so weiter…). Als dann alle Formulare fertig waren und wir eigentlich zum Zahlen übergehen konnten, ist mir ein klitzekleiner Fehler aufgefallen: in meiner Reisepassnummer ist eine 0 (=null), eingetragen habe ich aber ein O (= Buchstabe). Blöder Fehler. Insbesondere, weil ich das vorher von meinen Eltern extra klären lassen hab…

Vor der Bezahlung wollten wir jetzt natürlich wissen, was da zu tun ist. Ein Anruf beim Konsulat mit Weiterverbinden über etwa sechs Stellen (nur automatische Ansagen) hat ergeben, dass ich woanders anrufen muss, dort bin ich nach nur dreimal Verbinden an einen Menschen gekommen: entweder den Antrag neu ausfüllen (alles, nur das nicht…) oder konsequent beim O (dem Buchstaben) bleiben. Das scheint öfter vorzukommen, hoffen wir, dass es tatsächlich keine Probleme gibt, wenn der Ausweis mal maschinell eingelesen wird! Dann konnten wir uns ans Zahlen machen, hier waren nur noch drei Formular-Seiten nötig und direkt anschließend haben wir einen Termin für das erforderliche Interview beim Konsulat in München ausgemacht, das heute war.

Unsere Taschen haben wir in einem Schließfach gelassen (man darf keine mitbringen, sie werden auch nicht aufbewahrt) und als wir den „Drachen“ am Eingang mit neuen Passfotos (Marke Verbrecher) besänftigt hatten, ging alles recht flott: Pässe abgeben, Fingerabdrücke scannen, kurzes Interview mit warum und wohin und wir hatten das mündliche OK – das Visum ist bestätigt! Die gestempelten Pässe kommen dann die nächsten Tage mit der Post.

Wir fanden das komplette Prozedere insgesamt als ziemlichen Act, wobei wir natürlich mit dem falschen Visum und dann dem falschen Zeichen schon auch ein wenig dazu beigetragen haben. Zwischendurch hatten wir uns nicht nur einmal gefragt, ob das den ganzen Aufwand wert ist! Immerhin zahlt man ja etwa 300€ im Voraus und weiß dann nicht, ob man tatsächlich rein darf. Wissen wir übrigens auch mit bestätigtem Visum nicht – bei der Einreise kann man immer noch abgewiesen werden!