Die letzten beiden Tage haben wir uns intensiv verschiedenen Rohstoffen, insbesondere Silber und dem lieben Geld gewidmet. Irgendwann wurde von einem Indigenen, der am Berg ein Lama verloren hat, zufällig (beim nächtlichen Feuermachen) entdeckt, dass es im „Cerro Rico“ (Berg, an dem Potosí gebaut ist) Silberadern gibt. Und zwar nicht wenige! Die Conquistadores, die im 16. Jahrhundert kamen, fanden das natürlich klasse und haben entsprechend den Abbau für ihre Zwecke weiter organisiert. Sie haben nicht selbst in den Minen geschuftet, dafür gab es ja Eingeborene und afrikanische Sklaven. Das meiste Silber, das die damalige spanische Macht mitbegründet hat, stammte aus Potosí. Zwischendurch, Anfang des 17.Jh. wurde die Stadt aufgrund der Bodenschätzen zu einer der größten und reichsten Städte weltweit.
Einen wichtigen Teil dazu beigetragen hat die Casa de la Moneda, eine der wichtigsten Münzprägeanstalten weltweit. Zumindest zur Zeit der Conquistadores. In einer sehr interessanten Führung haben wir die „Maschinen“, die einmal zum Gießen, dann Plätten, Stanzen und Prägen des Silber verwendet wurden, bestaunen können. Selbstverständlich war das im 17./18. und auch 19.Jh. weder vollautomatisiert noch leichte Arbeit – also wurden auch hier Eingeborene und Afrikaner zu Sklavenarbeit herangezogen. Durch die schwere körperliche und auch gefährliche Arbeit in der Höhenluft war der Verbrauch an Sklaven enorm (Aussage in unserer englischen Führung: „They used to die“). Leider durften wir im Museum nicht fotografieren, anhand der massiven Maschinen war der „Personalverschleiß“ allerdings durchaus glaubhaft. Durch das Klima hier verwittert das Holz nicht, somit sind das wohl die einzigen Maschinen dieser Art, die weltweit noch existieren. Bis Anfang des 20.Jh. wurden hier noch Münzen hergestellt, dann jedoch schon etwas „personalschonender“. Ironie des Schicksals: inzwischen lässt Bolivien die eigenen Münzen im Ausland prägen, da ist es günstiger.
Ein weiterer Ort, an dem viele Eingeborene und Afrikaner ihr Leben lassen mussten, war am Cerro Rico (Reicher Berg) – die Minen. Die haben wir heute besucht, es wird ja immer noch abgebaut – nur eben inzwischen ohne Sklaven. Es gibt aktuell etwa 500 Zugänge in den Berg, 240 davon werden noch benutzt. Bevor es in die Mine geht, wird eingekauft. Auf dem „Mercado de los Mineros“ sollte man sich mit Gastgeschenken für die Minenarbeiter, die man während der Führungen trifft, eindecken. Da gibt es dann so Dinge wie Coca-Blätter, Saft, Whiskey-Boliviano (96%iger Zuckerrohrschnaps) oder Dynamit. Potosí ist damit der weltweit einzige Ort, auf dem Dynamit frei verkäuflich ist. Haben wir natürlich mitgenommen (und später verschenkt)! Dann sind wir in die Mine. Und es ist unglaublich, unter welchen Bedingungen Menschen auch heute noch ihr Geld verdienen müssen (die Alternative für die meisten wäre wohl die Arbeitslosigkeit ohne soziales Auffangnetz). Es war eng, teilweise mit gebrochenen Deckenbalken (falls vorhanden), staubig, ohne Licht, ohne Lüftung, teilweise eine steile, glitschige Kletterei und das ganze mit körperlicher Schwerstarbeit: die Loren mit 1to Gewicht müssen von Hand geschoben werden, Säcke mit gesammeltem Material mit bis zu 60kg werden auf dem Rücken die Wege geschleppt und gearbeitet wird mit Hammer und Meisel. Das alles für einen Tageslohn von etwa 100-150 Bolivianos (11-16€).
Sehr wichtig für die Mineros ist El Tío. Eigentlich ist das der Teufel (spricht man nur nicht aus), aber er ist auch der Mann von Pachamama, Mutter Erde. El Tío wacht über die Minenarbeiter, er muss gnädig gestimmt werden. Das passiert z.B. in Form von regelmäßigen Lama-Opfen, deren Blut über dem Eingang verspritzt und deren noch schlagendes Herz in die Mine geworfen wird. Weiter gibt es in allen Minen viele Statuen von El Tío, die mit Coca-Blättern, Alkohol-Flaschen und Zigaretten geschmückt sind – alles Opfergaben der Mineros, die um eine gute Ausbeute bitten. Frauen sind übrigens in den Minen nur als Besucher geduldet, sie würden sonst Pachamama eifersüchtig machen und das wäre gar nicht gut.